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Geschichte des Bergbaus in Dorsten
1770 – Dorsten hatte noch keine Zeche und verdiente doch schon an der Kohle. Möglich machte es der Gahlener Kohlenweg, ein ab 1766 als eine der ersten befestigten Straßen im mittleren Ruhrgebiet gebauter Knüppeldamm von Hattingen über Bochum, Herne und eben Dorsten bis nach Gahlen, wo die auf Maultieren und mit Fuhrwerken transportierte Kohle von den Zechen an der Ruhr verschifft und über die Lippe zum Rhein transportiert wurde.
Das Kohlhaus
Der Grund für diesen Kohlenweg, an dessen Ende das 1972 für den Ausbau des Wesel-Datteln-Kanals abgerissene Kohlhaus stand, an das jetzt eine Stele auf dem Kanaldamm erinnert: Die Ruhr war noch nicht schiffbar und der Kohlenweg ersparte teure Zölle.
Eine Stele auf dem Kanaldamm erinnert an das Kohlhaus – Liebespärchen “verewigen” sich dort mit Schlössern.
Im heutigen Dorsten selbst wurde die erste Kohle 1897 gefunden, in der Nähe des Jahnplatzes. Doch die erste Zeche wurde ab 1900 nicht in Dorsten, sondern in der bis 1943 selbständigen Gemeinde Holsterhausen errichtet, die Zeche Baldur.
Zeche Baldur
Nur wenige Jahre später, nämlich 1906, fielen wichtige Vorentscheidungen für den Bau der Zeche in der ebenfalls bis 1943 selbständigen Gemeinde Hervest. Nach erfolgreichen Probebohrungen kauften zwei Privatleute, Emil Tilmann aus Dortmund und Victor Weidtman aus Aachen, vom Fürstenhaus Salm-Salm, das in der Herrlichkeit Lembeck das sogenannte „Regalrecht“ besaß, also quasi das Schürfrecht auf die Bodenschätze, das 4,4 Quadratkilometer große Bergeigentum, um es umgehend durch Verkauf an die Gelsenkirchener Bergwerksgesellschaft Consolidation wieder zu Geld zu machen.
Vom Fürstenhaus blieb nur der Name der dann ab 1910 gebauten Zeche: Fürst Leopold, benannt nach dem schon 1908 verstorbenen amtierenden Fürsten.
Fürst Leopold zu Salm-Salm (1838-1908)
Zeche Fürst Leopold
1910 begannen die Teufarbeiten auf Fürst Leopold. Mit dem Gefrierverfahren zog man beim Bau der Schächte die Lehren aus den schlechten Erfahrungen aus Baldur, wo Fließsande große Probleme bereitet hatten. Ab 1911 wurde auf Baldur gefördert, ab 1913 auf Fürst Leopold, wo man im Schlagschatten der Zeche 1911 damit begonnen hatte, nach Gartenstadt-Plänen des Architekten Hans Werner Eggeling für 5.000 Einwohner, nämlich die Bergarbeiter und ihre Familien, eine Kolonie zu bauen, die heute teilweise unter Denkmalschutz stehende Zechensiedlung Fürst Leopold. Hervest hatte damals gerade einmal rund 1.000 Einwohner.
Und noch einmal wechselte der Besitzer der Zeche Fürst Leopold: 1918 übernahm für 21,7 Millionen Mark der Dortmunder Stahlkonzern Hoesch fast sämtliche Kuxe (Anteile) der Hervester Zeche und mit ihr auch die Siedlung.
Die Existenz der Zeche Baldur war nur kurz. Sie stellte 1931 die Förderung ein und wurde mit Fürst Leopold zum Bergwerk Fürst Leopold/Baldur zusammengelegt. Noch im gleichen Jahr erfolgte unter Tage der Durchbruch von Baldur zu Fürst Leopold und umgekehrt.
Die Zeche Wulfen wurde nach ihrer endgültigen Stilllegung komplett zurückgebaut.
Die dritte Dorstener Zeche: Matthias Stinnes in Wulfen. Schon vor dem 2. Weltkrieg gab es konkrete Pläne, aber abgeteuft wurde sie erst ab 1958 und 1964 begann die Förderung – parallel zum Bau der Neuen Stadt Wulfen (Barkenberg). Zeche und Neue Stadt erreichten nie die geplante Größe (in Höhe von 50.000).
Schon 1971, ein Jahr nach Übernahme der Dorstener Zechen durch die 1968 gegründete Ruhrkohle, gab es die Werksdirektion Fürst Leopold-Wulfen, zehn Jahre später erfolgte der Durchschlag von Fürst Leopold zur Zeche Wulfen, wo dann 1984 die Förderung eingestellt wurde. Heute ist dort, wo die Zeche Wulfen stand, wieder grüne Wiese.
Die Bergleute von Fürst Leopold kämpften um das Überleben ihrer Zeche, besonders eindrucksvoll mit einer fünf Monate dauernder Mahnwache an Fürst Leopold vom Oktober 1996 bis März 1997. Aber die Entscheidungen waren auf europäischer Ebene mit deutscher Zustimmung längst gefallen und wurden Zug um Zug umgesetzt.
Die Zeche Fürst Leopold in Hervest – zehn Jahre (2001 und 2011) liegen zwischen diesen beiden Bildern.
Das bedeutete für Fürst Leopold:
•1998 Verbund mit der Zeche Westerholt zum Bergwerk Lippe,
•2001 Einstellung der Kohleförderung auf Fürst Leopold,
•2005 Durchschlag von Fürst Leopold zur Zeche Westerholt,
•18.12. 2008 letzte Förderung auf Westerholt und Stilllegung des Bergwerks Lippe
•Schon acht Monate vorher war mit dem Fördergerüst von Schacht 1 von Fürst Leopold das Hervester Wahrzeichen gefallen.
Zeittafel Der Bergbau in Dorsten
1897 | Erste Kohlefunde in Dorsten in der Feldmark (Nähe Jahnplatz) |
1899 | Erfolgreiche Probebohrungen im Bereich der heutigen Baldurstraße |
1900 | Teufbeginn von 2 Schächten für die Zeche Baldur durch eine Bohrgesellschaft – später Bergwerksgesellschaft Trier, die 1905 in Baldur umbenannt wurde |
1902 | Erfolgreiche Probebohrungen am Standort Fürst Leopold – Benannt nach Fürst Leopold Fürst zu Salm-Salm, Inhaber der Bergrechte |
1910 | Beginn der Teufarbeiten für die Zeche Fürst Leopold |
1911 | Erste Kohleförderung auf der Zeche Baldur |
1912 | Baubeginn der Zechensiedlung Fürst Leopold |
1912 | Erste Kohleförderung auf der Zeche Fürst Leopold |
1918 | Verkauf der Zeche Fürst Leopold an die Hoesch AG |
1927 | Die Zeche Baldur erreicht ihre maximale Förderung (536.762 T) mit 611 Beschäftigten |
1931 | Einstellung der Förderung auf der Zeche Baldur und Zusammenlegung mit Fürst Leopold zum Bergwerk Fürst Leopold-Baldur |
1934 | 42 Feierschichten wegen Absatzmangel |
1938 | Die Gewerkschaft Mathias Stinnes trifft Vorbereitungen zum Schachtteufen in Wulfen, aber mit Kriegsbeginn (1939) werden die Arbeiten abgebrochen |
1953 | Inbetriebnahme des Kraftwerks Fürst Leopold |
1956 | Die Zeche Fürst Leopold-Baldur erreicht ihre maximale Förderung (1.499.302 T) mit 4.477 Beschäftigten |
1958 | Teufbeginn für Schacht 1 der Zeche Wulfen |
1959 | Teufbeginn für Schacht 2 (Wetterschacht) der Zeche Wulfen |
1964 | Förderbeginn Zeche Wulfen, schachtnaher Abbau |
1970 | Die Ruhrkohle AG übernimmt die Betriebsführung der Dorstener Zechen |
1970 | Zeche Wulfen: Bildung einer gemeinsamen Werksdirektion mit der Zeche Brassert, aber weiter selbständiger Betrieb |
1970 | Umbenennung der Zeche Fürst Leopold-Baldur in Fürst Leopold |
1971 | Trennung der Zeche Wulfen aus dem Verbund mit Brassert und Bildung einer Werksdirektion aus den Zechen Fürst Leopold-Baldur und Wulfen, aber weiter selbständiger Betrieb |
1974 | Die Zeche Wulfen erreicht ihr maximale Förderung (413.110 T) mit 403 Beschäftigten |
1981 | Durchschlag von Fürst Leopold zur Zeche Wulfen, untertage Übernahme der Förderung von Wulfen |
1982 | Umbenennung in Fürst Leopold/Wulfen, endgültiger Verbund der beiden Schachtanlagen |
1984 | Fördereinstellung im Schacht Wulfen 1 |
1988 | Umbau des Fördergerüstes Fürst Leopold Schacht 1 |
1996/97 | 5 Monate Mahnwache an der Schachtanlage Fürst Leopold |
1997 | Die Zeche Fürst Leopold/Wulfen erreicht ihre maximale Förderung (2.400.350 T) mit 2.943 Beschäftigten |
1998 | Verbund von Fürst Leopold/Wulfen und Zeche Westerholt zum Bergwerk Lippe |
2001 | Einstellung der Kohleförderung auf Fürst Leopold |
2005 | Durchschlag von Fürst Leopold zur Zeche Westerholt |
2008 | Stilllegung des Bergwerks Lippe |