Digital und Draußen: Kunstvoll unterwegs in der Zechensiedlung Fürst Leopold
“Digital und Draußen” – die Tage (28. bis 30. März) des JugendKunstprojektes des Dorstener Kunstvereins mit 15 Schülerinnen und Schülern der Gesamtschule Dorsten-Wulfen waren Tage der guten Laune und der Kreativität.
Mit der guten Laune ist es dann ganz früh am Morgen immer so eine Sache. Als sich (Bild links) Ursel Kipp, künstlerische Leiterin des Projekts, Martin Hagemann, Leiter der AG Dampfmaschine im Bergbauverein, und Gerhard Schute, Geschäftsführer des Vereins, vor dem Start zu letzten Absprachen in der Geschäftsstelle trafen, brauchte es zwei Tassen Kaffee und den Anruf von Heiko Walter “Wir sind unterwegs” bis die gute Laune durchbrach. Auch die Schülerinnen und Schüler der Gesamtschule (Bilder Mitte und rechts) standen erst skeptisch auf dem Brunnenplatz: Was kommt da auf uns zu?
Während Heiko Walter, GPS-Experte vom Jugendfilmclub (JFC) Köln, der sich im Laufe der Jahrzehnte von einem Tauschclub zu einem hochmodernen medienpädagogischen Jugendzentrum gewandelt hat, den Schülerinnen und Schülern den Umgang mit den GPS-Geräten – wenn man so will, dann sind das Navis für Fußgänger – erklärte, nutzte Christiane Jacoby, Kunsterzieherin an der Gesamtschule die Zeit, um noch einmal die Unterlagen für das dreitägige Projekt zu sortieren. Für die Lehrerin war dies nach dem erfolgreichen JugendKunstprojekt im Herbst 2011 in der Maschinenhalle Fürst Leopold das zweite Projekt in Kooperation mit dem Bergbauverein.
“Digital und Draußen”, so hieß jetzt das aktuelle Projekt in der Zechensiedlung – entlehnt der gleichnamigen Veranstaltungsreihe, die Heiko Walter für den JFC organisiert. Zu den Angeboten von “Digital und Draußen” gehören beispielsweise mehrtägige Touren im Siebengebirge, bei denen die Jugendlichen dann auch nachts unterwegs sind und draußen campieren. Der medienpädagogische Ansatz des JFC: Sich der modernen Technik und ihrer Möglichkeiten wie GPS-Geräte, wie PC und Internet bedienen, sich aber nicht von dieser Technik abhängig machen.
So schön es auch ist, wenn die Sonne scheint, knallt sie aufs Display des GPS-Gerätes, dann wird es schwierig, die richtige Route durch die Zechensiedlung zu finden. Aber alle Gruppen meisterten solche und andere Problemchen, niemand hat sich verlaufen und auch wenn Volker Jenau am “Osttor” der Siedlung etwas warten musste – da war die Sonne dann wieder sehr willkommen.
Unterwegs in der Siedlung – da wurden auch neue Bekanntschaften gemacht. Ging auch gar nicht anders, denn die Schülerinnen und Schüler sollten Informationen über die Siedlung sammeln, über das Leben hier. Solche und mehr Aufgaben waren Bestandteil der spannenden GPS-Rallye am ersten Tag.
An einer der Stationen in der denkmalgeschützten Siedlung wartete Ursel Kipp auf die Jungen und Mädchen. Sehen und skizzieren – zunächst auf kleinen Zetteln und schließlich dann auf großen Bögen
hielten die Jugtendlichen ihre ganz persönlichen Eindrücke von den Siedlungshäusern fest. Fassaden, Türen, Fenster, architektonische Details oder auch der Versuch, den “Spiegelplatz” an der Burgsdorffstraße in Gänze aufs Papier zu bringen: Über die künstlerische Auseinandersetzung mit der Situation vor Ort wurde nachvollziehbar, was gemeint war vor 100 Jahren mit der Aufforderung, die Siedlung müsse etwas Besonderes werden.
Dass Architekt Eggeling eine Gartenstadt geplant und gebaut hat, die anders als Arbeitersiedlungen beispielsweise in der 60-er Jahren nicht allein nach wirtschaftlichen (möglichst sparsamen) Aspekten errichtet wurde, sondern auch Raum ließ Erker, Bögen. Ornamente und vieles mehr – Kunst am Bau der besonderen Art.
Aber die Jugendlichen erfuhren auch, dass hinter den schmucken Fassaden Familien mit vier und mehr Kindern in Wohnungen von rd. 70qm lebten – idyllisch war das nicht.
Mit viel Liebe zum Detail machten sich Jungen an die Arbeit. Dass Malen eigentlich doch Mädchensache sei – dummes Zeug!
Jürgen Bülten, ehemaliger Bergmann und Taubenvater, empfing die Interview-Gruppe des Projektes und erzählte vom Taubensport in der Siedlung. Die Jungen bestaunten die vielen Preise, die Jürgen Bülten mit dem Taubensport gewonnen hat. In einer der Grünanlagen trafen die Schüler Franz Hucke. Auch ehemaliger Bergmann – wie vor ihm schon der Vater und der Großvater und nach ihm der Sohn. Sechs Geschwister hatte Franz Hucke und die Jugendlichen staunten nicht schlecht, als ihnen erzählt wurde: “Da hatte nicht jeder sein eigenes Bett, manchmal teilten sich auch drei Brüder ein Bett.”
Die Maschinenhalle Fürst Leopold diente während des Projektes als Atelier. Hier wurde gemalt, hier wurde die abschließende Ausstellung vorbereitet, hier wurden die Interviews und Fotos digital bearbeitet – und natürlich blieb auch die Zeit, sich von Martin Hagemann die große Dampfmaschine erklären zu lassen.
Jeder hat nun einmal seine Lieblingsfarbe – aber dass hier quasi Ton in Ton gearbeitet wird, ist eher zufällig. Und das sind Jungen und Mädchen, die an diesem Projekt beteiligt waren:
Aus der Klasse 7.3: Robin Dzikus, Dominik “Domme” Hiltner und Pascal “Paschy” Wesenberg.
Aus der Klasse 8.1: Hendrik Geldermann, Anna Grober, Pascal “Passi” Huesmann, Max Hülsmann, Robin Marzinek, Jaqueline Mühlmann, Maurice Oldenkott, Andre Schilla, Markus Schulte-Spechtel, Daniel “Jason” Sumislawskii, Francis Wilson-Tettch.
Der Brunnenplatz, Herz der Zechensiedlung, erlebte dann das rauschende Finale des Projektes. Gelgenheit auch, sich auszutauschen über die spannenden Tage: Auf dem Bild links plaudern Werner Markus, der für den Bergbauverein drei Tage mit der Kamera unterwegs war und Jürgen Bülten, einer der Siedlungsbewohner, den die Jugendlichen besucht und interviewt hatten. Die jungen Künstler machten es sich auf dem Rand des Brunnens bequem und ließen sich von Peter Broich (Bild rechts) feiern, dem Vorsitzenden des Kunstvereins.
Und die fette Sau auf dem Brunnen staunte nicht schlecht über die köstliche Kunst…